Klage gegen den Hundesteuerbescheid 1995 vor dem Verwaltungsgericht

Verwaltungsgericht Halle - Saalkreis
Neustädter Passage
06122 Halle
Etzdorf, den 8.06.95

- Klage -

Kläger:

"Zwinger vom Evaschacht"
Inh. Uwe Stierand
Evaweg 09,
D-06179 Steuden

gegen

Beklagte:

Gemeinde Steuden, vertreten durch die Verwaltungsgemeinschaft "Würde / Salza"
Märkerstr.22
D-06179 Teutschenthal

Anträge:
1. Das Gericht stellt fest, daß in dem Fall der gewerblichen Hundezucht der gehaltene Hund steuerrechtlich als
"Produktionsmittel" oder als "Nutztier" zu werten ist,
2. Der von der Beklagten erlassene Hundesteuerbescheid über 100,- DM wird für unrecht erkannt und aufgehoben.
3. Das Gericht möge feststellen, daß die Hundesteuer unzeitgemäß ist und gegen die guten Sitten in einem Sozialstaat verstößt.
4. Das Gericht möge feststellen, daß die Hundesteuer gegen den Art. 3 Absatz 1 des Grundgesetzes verstößt
5. Das Gericht möge feststellen, daß die Hundesteuer gegen das Tierschutzgesetz verstößt.
6. Das Gericht möge feststellen, daß der Hund ein Mitgeschöpf und keine Sache, und das Halten von Hunden nicht als Luxus zu werten ist, und somit weder mit einer quellbezogenen Sachsteuer, noch mit einer Luxussteuer belegt werden kann.
7. Das Gericht möge feststellen, daß die Hundesteuer in der jetzigen Form einer Willkürsteuer sehr nahe kommt, wenn nicht sogar dieser Definition gleichkommt.
8. Das Gericht möge feststellen, daß die Hundesteuer als Bagatellsteuer generell abzuschaffen, und von den Kommunen ab sofort auf 0,00 DM festzulegen ist.
Die Kosten des Verfahrens werden der Beklagten auferlegt


Begründungen:
1. Bei dem Kläger handelt es sich um einen, fachlich nachgewiesen, qualifizierten Hundezüchter, welcher die Hundezucht als einen Gewerbebetrieb betreibt. Alle notwendigen Genehmigungen sind erteilt worden, das Betreiben des Gewerbes ist ordnungsgemäß angemeldet. Die Besteuerung der Hunde mittels der Hundesteuer kommt einer Doppelbesteuerung gleich, da der Kläger der Einkommenssteuer, der Gewerbesteuer und der Mehrwertsteuerpflicht unterliegt.
Steuerrechtlich sind die vom Kläger gehaltenen Hunde als "Produktionsmittel" einzuordnen Die Besteuerung der Hunde in diesem konkreten Fall käme steuerrechtlich einer in Deutschland ansonsten nicht üblichen "Produktionsmittelsteuer" gleich.
Somit liegt mit der Besteuerung eines Gewerbebetriebes dessen Betriebszweck die Zucht und die Pflege von Hunden und der Verkauf von selbstgezüchteten HundeWelpen ist, der Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikels 3 Absatz 1 im Grundgesetz vor.
2. Der Hundesteuerbescheid ist somit aufzuheben.
3. Die Hundesteuer ist eine, um das Jahr 1820 nach englischem Vorbild, in Deutschland eingeführte Luxussteuer. Damals wurde jedoch auch das Halten von Katzen, Enten, Nachtigallen, Dienstboten und der Besitz von Pferdeschlitten und Klavieren mit einer solchen Luxussteuer belegt. Eben genau in der Reihe dieser kuriosen Steuerarten ist die Hundesteuer eingeführt worden. Das Gericht möge dem Kläger erklären, warum von den o.g. Steuerarten sich ausschließlich die Hundesteuer noch in der deutschen Gesetzgebung befindet.
Die Hundesteuer ist unzeitgemäß, weil weder der Hund, welcher seit Menschengedenken von diesem für die verschiedensten Aufgaben in seiner Nähe gehalten wird, als Luxus eingestuft werden kann, noch das Halten von Hunden.
Die Hundehaltung ist in allen Schichten der Bevölkerung vorhanden, selbst bei den Ärmsten in Deutschland. Es soll Städte in Deutschland geben, die für die Haltung von Hunden Sozialleistungen auszahlen, um den unbemittelten Hundehalter von der Abgabe des Tieres in entsprechenden Tierheimen abzuhalten. (sogenannter Futtergeldzuschuß).
Das Tier ist seit 1990 in der deutschen Gesetzgebung durch die Novellierung des Tierschutzgesetzes zum Mitgeschöpf erklärt worden. Somit ist spätestens seit dem davon auszugehen, daß die Besteuerung mit einer Luxussteuer des selbigen unzeitgemäß und ungerechtfertigt ist.
Anerkannte Mediziner und die Gesellschaft hat den Wert eines Hundes bei der Genesung von kranken Menschen erkannt und es ist nach Ansicht des Klägers unsozial und verstößt gegen die guten Sitten eines Sozialstaates, wenn diese Genesung nur den besser bemittelten kranken Menschen ermöglicht bleibt.
4. Der im Artikel 3 Absatz 1 des GG festgeschriebene Gleichbehandlungsgrundsatz wird durch die Steuerart Hundesteuer verletzt, weil die Bürger, welche einen Hund halten besteuert werden, diejenigen, welche andere Haustiere, z.B. Katzen, Vögel, Pferde, Fische, Hamster, Meerschweinchen u.d.gl., oder aber sogar exotische Tiere, hierunter befinden sich unter anderem Krokodile, Geparden, Löwen, Kaimane, Affen, Schlangen und sonstige, halten, unbesteuert bleiben.
Alle Tierhalter, davon geht der Kläger aus, sind Bundesbürger und es stellt einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte dar, wenn durch die Gesetzgebung dem mündigen Bürger das Halten eines Hundes erschwert, und dadurch seine freie Wahl der Haustierart beeinträchtigt wird.
5. Durch die Novellierung (1.09.1990 Gesetz zur Verbesserung der Rechtstellung des Tieres im bürgerlichen Recht) des Tierschutzrechtes in Deutschland wurde das Tier, also auch der Hund, denn biologisch dürfte es sich wohl auch bei diesem unstrittig um ein solches handeln, zum Mitgeschöpf erklärt. Es stellt also eine Diskriminierung dar, wenn der Gesetzgeber ein Mitgeschöpf wieder zu einer Sache dadurch erklärt, indem er dieses Mitgeschöpf mit einer Sachsteuer belegt. Nach Ansicht des Klägers verstößt nicht nur die Hundesteuer gegen dieses Tierschutzgesetz, sondern machen sich alle Hundehalter, welche diese bezahlen dem Verstoß gegen selbiges schuldig. Da die Verstöße gegen das Tierschutzgesetz strafrechtlich geahndet werden können, erklärt somit der Gesetzgeber den Hundesteuer zahlenden Bürger definitiv zum Straftäter, den Nichtzahler jedoch zum Steuerschuldner.
6. Es bezieht sich der Kläger auf die vorgenannten Argumentationen.
7. Die Hundesteuer ist kommunales Recht und wird durch Satzungen in den Kommunen geregelt. Je nach Finanzlage der Kommune wird die Höhe der Hundesteuer festgelegt und kann jährlich willkürlich erhöht werden. Als gravierendes Beispiel wird hier nur der Hundesteuersatz für den 1. in der Stadt Stuttgart gehaltenen Hund in Höhe von 240 ,- DM erwähnt, wobei in gleicher Stadt für den 2. Hund bereits 480,- DM zu zahlen sind. Somit sind beim Halten von 2 Hunden 720,- DM jährlich abzuführen.
Dem Kläger sei die Frage erlaubt, was mit diesem Geld gemacht wird.
Soll, nachdem der KFZ- Besitzer die "Milchkuh Nr. 1 der Nation" ist nun auch noch der Hundehalter die Nation ernähren?
8. Der Kläger ist sich durchaus bewußt, daß ein Gesetzgebungsverfahren, ob nun Gesetze erlassen werden sollen, oder abgeschafft, nicht von heute auf morgen bearbeitet werden kann. Somit ist die Hundesteuer sicherlich noch mehrere Jahre in der deutschen Gesetzgebung zu finden. Da aber nach Maßgabe des Kommunalabgabengesetzes jede Gemeinde die Höhe dieser Steuer durch eine Satzung festlegt, beantragt der Kläger, unter Hinweis auf o.g. Argumentation, die richterliche Empfehlung der Nullfestsetzung auszusprechen.
9. Der Kostenantrag ergibt sich aus der Klagebegründung.

Etzdorf, den 08.06.1995

Uwe Stierand
 
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